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DIE SÜDSEITE

Schloss, Alte Brücke, Philosophenweg war gestern

Rätseln über den 10-Punkte-Kommunalwahl-Plan der AfD Heidelberg

Auf der facebook-Seite „AfD WATCH Heidelberg“ hatten wir (das Adminteam) nach Erscheinen des Kurzprogramms der AfD zur Kommunalwahl am 26.5.2019 zu jedem der zehn Einzelpunkte einen Text verfasst, in dem wir uns unsere eigenen Gedanken zum jeweiligen Thema machten.
Hier nun die gesammelten Werke noch einmal zum Nachlesen.

  1. Neckarquerung
    Die AfD will in Heidelberg die 5. Neckarquerung, um die Verkehrssituation an der Uni im Neuenheimer Feld zu entspannen. Erfunden haben sie das Projekt natürlich nicht, es ist uralt, aber das ist egal. Die AfD schreibt in ihrem Programm, dass sie die Brücke wollen und dann schreiben sie dazu noch einige andere merkwürdige Dinge, über die ich rätsele.

    Man wolle mit der zusätzlichen Brücke nicht mehr Autos ins Feld bringen, heißt es da. Ja, is klar. Es hat auch noch nie einer gesagt, dass es darum geht MEHR da hin zu bringen, sondern die, die jetzt schon hin wollen – oder im Falle von Kranken eher müssen -, zügiger dort hin zu befördern.
    Wie nun sollen die, die also bisher schon da hin wollen, nach Vorstellung der AfD das besser hinbekommen?
    Durch die zusätzliche Brücke. Aber da sollen nicht etwa Autos drüber fahren, sagt die AfD HD (Anm.: In der Langfassung des Programms, die inzwischen auch vorliegt, sollen AUCH Autos drüber fahren), sondern man will Park&Ride per Bus vom S-Bahnhof Wieblingen. Nice. Nur: Wie bringt man die, die heute schon fahren (müssen), mittels einer solchen Lösung zum Umsteigen auf den ÖPNV?

    Dann frag ich mich: Dieses „Park&Ride“… wenn die Leute mit der S-Bahn kommen, dann brauchen sie nicht zu parken. Wenn sie mit dem Auto kommen, müssen sie zwar parken, aber wieso ausgerechnet am S-Bahnhof in Wieblingen? Und wer ihn kennt: Wo eigentlich? Wo ist da Fläche für ein Großparkhaus und die Infrastruktur für nen Bustransfer? Auf dem Eckchen zwischen S-Bahnhof und Autobahn? Gehört das überhaupt der Stadt? Würden Eigentümer das überhaupt hergeben? Oder soll die Straßenbahn nebst Bus oben auf der Brücke halten, wo der Bus jetzt schon hält? Da isses auch jetzt schon früh voll und der Verkehr staut sich, wenn der Bus hält (denn, wie wir wissen, ist dahinter im Pfaffengrund und davor in Wieblingen ja auch einiges an Industrie und Gewerbe und Menschen wollen da hin zum Arbeiten, bzw. LKWs wollen durch und was bringen oder abtransportieren).

    Dann steht im Papier der AfD zusätzlich noch was von einer Straßenbahnlinie, die eine direkte Achse zwischen Neuenheimer Feld, Wieblingen/Pfaffengrund und dem neu zu entwickelnden PHV herstellen soll. Nett. Nur wenn ich Park&Ride mit Bussen machen will, warum brauch ich dann eine Straßenbahn? Und wenn ich eine Straßenbahn brauche, brauch ich eine Anbindung an den Betriebshof und der steht auch an seinem neuen Standort mal so gar nicht in der direkten Achse, von der die AfD schwafelt. Also schlenkert die Straßenbahn quasi in indirekter Achse? Und da ist das Problem, dass die Uni keine Straßenbahn durch den Campus akzeptiert. Das heißt, die Straßenbahn endet sinnfrei nach der Brücke und dreht dann wieder um? Abgesehen davon: Wo ist die verdammte Verbindung dieser Straßenbahnlinie zu irgendwas anderem? Also z. B. zum Hauptbahnhof, denn da kommen – sagt die AfD selbst – die meisten Pendler an. Die steigen also in die S-Bahn nach Wieblingen um (oder bleiben, wenn sie großes Glück haben, in ihrer Bahn sitzen). Dann steigen sie in Wieblingen aus und in den Bus (ohne zu parken, weil sie ja nicht mit dem Auto unterwegs sind) oder in die Straßenbahn. Mit letzterer juckeln sie über die Brücke ins Neuenheimer Feld, steigen irgendwo im Nirgendwo aus, steigen in einen Bus oder latschen durch den Campus, bis sie da ankommen, wo sie hinwollen? Und das ist schneller als vom Hauptbahnhof aus in eine Straßenbahn zu steigen oder auf ein Fahrrad und rüber ins Neuenheimer Feld zu orgeln, wie zur Zeit?

    Wenn schon eine 5. Neckarquerung, wär‘s dann nicht cleverer, die ÖPNV-Anbindung für Pendler über die Ernst-Waltz-Brücke zu optimieren und den VERKEHR raus aus der Stadt zu nehmen?

    Aber da ist nun wieder die Frage: Wo steht das verdammte Parkhaus in Wieblingen am S-Bahnhof? Und werden das Autofahrer überhaupt nutzen, wenn sie eh schon im Auto sitzen und eine prima neue Brücke zum Drüberfahren haben? Sollte also die Parksituation nicht eher im Neuenheimer Feld gelöst und über eine hochfrequente Busanbindung innerhalb des Campus nachgedacht werden? Und wenn nicht, muss dann so ein Parkhaus überhaupt in Wieblingen stehen? Stünde es nicht besser irgendwo beim Airfield? Denn wer Pfaffengrund und Wieblingen kennt und meint, Park&Ride attraktiv machen zu können, der sollte doch eigentlich wollen, dass die Leute gar nicht erst Verkehrschaos in der Stadt produzieren, oder?

    So und selbst WENN mir das irgendwer sinnvoll erklären KÖNNTE: In Wieblingen wollen die Anwohner diese Brücke nicht! Wie überzeugt man die davon, dass sie die brauchen? Was haben die Wieblinger davon? Sie fürchten, dass sie einen Haufen Verkehr bekommen und sich ihre Wohnsituation durch Lärm, Abgase usw. verschlechtert, dass dafür ein Naturschutzgebiet draufgeht, dass ihnen elends lange Beeinträchtigungen während der Bauzeit ins Haus stehen und dass für sie absolut nichts Positives dabei rausspringt. Überm Neckar sieht es übrigens nicht besser aus. Da wo die Brücke hin soll, ist so ziemlich alles bebaut. Das heißt, dass man die Parkmöglichkeiten und das ganze ÖPNV-Gedöns irgendwo realisieren müsste, wo derzeit die Bauern im Handschuhsheimer Feld ihre Grundstücke haben und weder die, noch die Anwohner, die dieses Areal als Naherholungsgebiet schätzen, haben Bock auf Autos, Parkhäuser, Busse und eine ziemlich sinnfreie Straßenbahn.

  2. Bauen und Eigentumserwerb fördern

Über diesem Programm-Punkt steht zwar oben drüber „Mehr bezahlbarer Wohnraum“, aber man darf sich davon nicht täuschen lassen. Es geht der AfD nicht um moderatere Mieten für Menschen mit niedrigem Einkommen. Ein bisschen ahnt man es auch schon, wenn man dann die Zeile „Bauen und Eigentumserwerb fördern“ liest.

Die AfD will die „Mittelschicht“ ansprechen, für die „auch“ Wohnraum fehlt.
Jetzt kann man sich natürlich fragen, ob man als Krankenschwester, Angestellte(r) eines Paketdienstleisters, Angestellte(r) im Einzelhandel oder FriseurIn für die AfD zur „Mittelschicht“ gehört oder nicht. Jobmäßig wohl schon. Finanziell… noja…

Was man hier sehr schön sehen kann, das ist das Neoliberale an der AfD. Sie SAGEN zwar, sie seien eine Partei der „kleinen Leute“, aber wenn es hart auf hart kommt, sind sie’s eben nicht.

Daran ändert auch die Idee nichts, dass die Grundsteuer reduziert werden soll, um die Mieten zu senken, denn das wird in Heidelberg (und in anderen gefragten Städten) die Mieten kein Stück senken. Bestenfalls bleiben sie einfach so hoch, wie sie sowieso schon sind. Ich gehe an dieser Stelle gar nicht groß drauf ein, dass die Änderung der Bemessungsgrundlage für die Grundsteuer durch ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts bis zum Jahresende zwingend erfolgen muss. Noch gibt’s dafür von keiner Seite einen wirklich guten, praktikablen Vorschlag. Auch nicht von der AfD. Erwähnen sollte man aber noch, dass die Höhe der Grundsteuer maßgeblich durch die angewandten Hebesätze festgelegt wird. Also WENN man was ändern wollen würde, dann wäre eine Reduzierung der Hebesätze das Mittel der Wahl, zumal die tatsächlich von der Gemeinde festgelegt werden. Soweit ich weiß, macht die AfD Heidelberg aber keinen konkreten Vorschlag, welche Hebesätze sie sich denn vorstellt.

Die Grunderwerbsteuer möchte die AfD ebenfalls nicht haben und meint, mit einer Senkung könne man den Eigentumserwerb fördern. Ja, kann man machen. Nichts dagegen, wobei ich persönlich für ein Modell plädieren würde, das nicht für JEDE(N) die Grunderwerbsteuer mindert, sondern tatsächlich nur Familien und anderen Leuten mit geringem Einkommen hilft, für die ein Wegfall eines Teils der Kaufnebenkosten ausschlaggebend dafür sein kann, ob sie sich eine Immobilie zur Selbstnutzung leisten können oder nicht. Kommunalpolitisch lässt sich an der Grunderwerbsteuer allerdings sowieso nicht drehen, das ist was für die Landesebene.

Die AfD moniert, dass die Wohneigentumsquote in Deutschland im internationalen Vergleich sehr niedrig sei. Das ist nichts Neues und man kann das beklagen. Macht nicht nur die AfD. Dass gerade in Heidelberg der Anteil von Wohneigentum nochmal geringer ausfällt als im Durchschnitt, hat natürlich mit den enormen Preisen zu tun, aber vor allem mit der Bevölkerungsstruktur.
Wir haben einen großen Teil von Einwohnern, die nicht dauerhaft in Heidelberg bleiben wollen oder können. Studenten und viele Akademiker, die an der Universität und den anderen Einrichtungen wie Embl, Max-Planck-Institut etc. in befristeten Arbeitsverhältnissen tätig sind, aber eben auch viele Arbeitnehmer, die im Zuge der Flexibilisierung des Arbeitsmarktes keine Neigung verspüren, sich durch Immobilieneigentum zu binden.

Den Vorschlag, Grundstücke in Heidelberg vermehrt in Erbpacht zu vergeben, um die Kosten für Bauvorhaben von Familien zu reduzieren… darin ist man sich im Gemeinderat weitgehend einig.

Die restlichen „Forderungen“ der AfD kann man eigentlich vergessen. Der „Druck auf den Wohnungsmarkt“ werde signifikant durch Menschen, die Asyl erhalten haben, erhöht… Ne. Nicht in Heidelberg, denn abgesehen von einer relativ übersichtlichen Zahl an Leuten, die im Zuge von neueren Programmen oder schon vor 2015 nach Heidelberg kamen, werden aufgrund des Ankunftszentrums derzeit für Heidelberg keine Anschlussunterbringungen notwendig. Zu fordern, dass eine Anschlussunterbringung auszusetzen sei, die es de facto nicht gibt, ist Quark.

Und die Ablehnung von Enteignungen… Naja, lasst es mich mal so sagen: Ich halte es von der SPD nicht für sonderlich clever, dieses Fass aufgemacht zu haben. Da es jetzt aber nun mal so ist, muss man das realistisch sehen: Es ist eine steile Forderung. Mehr nicht.

  1. Öffentliche Sicherheit

Unter Punkt 3 möchte die AfD Heidelberg “Kriminalitätsursachen wirksam bekämpfen“.
Blöderweise schreibt sie aber ziemlich wenig dazu auf, welche das sind und auch Maßnahmen, die tatsächlich die Kriminalität betreffen und deren Verhinderung, sind bestenfalls nur im übertragenen und reichlich verwaschenen Sinn enthalten. In welche Richtung die AfD dabei zielt, dürfte jedem klar sein.

Kriminalität ist für die AfD immer und nur dann interessant, wenn sie durch „Ausländer“ und Asylbewerber begangen wird. Mit „Ausländer“ sind aber natürlich auch nicht alle tatsächlichen Ausländer gemeint, sondern nur bestimmte und es ist dabei egal, ob es tatsächlich „Ausländer“ sind oder Deutsche, die für AfDen bestimmte optische Kriterien erfüllen, die sie zu „Ausländern“ machen. Dieses Phänomen wird in Zukunft vielleicht demnächst als Palmer-Skala bezeichnet werden. Ausländer ist, wer einen bestimmten Pigmentierungsgrad aufweist. Bei Menschen mit vielen Sommersprossen kann das übrigens zu gewissen Unschärfen führen.

Zunächst konstatiert die AfD Heidelberg erstmal die ungeheure Kriminalitätsrate in Heidelberg: An DRITTER Stelle in Baden-Württemberg!!!Drölf.
Das kann man so machen, man kann auch ignorieren, dass die Polizei insgesamt ein eher sinkendes Niveau verzeichnet und nur in einzelnen Sparten einen Anstieg, aber insgesamt mit der Entwicklung eher zufrieden ist und keinerlei Panikattacken der Art verspürt, wie sie im AfD-Milieu verbreitet sind. Um politisch allerdings präventive Maßnahmen vorzuschlagen, wie die Kriminalität zu bekämpfen sei, eignet sich der Hyperventilierungsmodus nicht und deshalb folgt halt auch, was folgen muss, nämlich im Großen und Ganzen: Quark.

Die AfD stellt fest, dass die Aufwände für das deutlich verstärkte und sehr kostenintensive Polizeiaufgebot nichts bringen. Im Klartext: Die Polizei kann nichts, auch wenn sie noch so viel Personal in die Gegend stellt. Das wird die Polizei jetzt nicht so freuen, wenn sie das liest, aber das ist es halt, was die AfD denkt. Sorry.

GLEICHZEITIG meint die AfD aber, dass Heidelberg wieder ein eigenes Polizeipräsidium braucht. Sie will also keine neuen Wachen, Polizisten die Streife fahren, rumlaufen oder sowas, sondern den VERWALTUNGSAPPARAT. Hilft sicher, die Kostenseite mächtig zu drücken, würd ich mal sagen.

Was dann noch unter diesem Programm-Punkt steht, ist mehr oder weniger Gewäsch. Das Sicherheitsbedürfnis der Bevölkerung müsse in Fragen der Immigration im Vordergrund stehen. Ja mei… das Sicherheitsbedürfnis der Bevölkerung zu befriedigen, ganz egal in welcher Hinsicht, ist der JOB der Polizei. Dazu GIBT es diese Einrichtung überhaupt. Es ist vollkommen Wurst, welche Art von Sicherheit. Die Polizei ist dazu da, sie zu gewährleisten und wenn man mich fragt, klappt das soweit eigentlich ganz gut.
Das Problem – dessen Beförderung die AfD intensivst betreibt – ist hier das Missverständnis von realer Sicherheit und „gefühlter Sicherheit“. Es ist NICHT Aufgabe der Polizei – oder sollte es nicht sein – Gefühle zu bedienen.

Weiter lehnt die AfD unter dem Punkt „Öffentliche Sicherheit“ die freiwillige Aufnahme „irregulärer Migranten“ ab und fordert eine „reguläre Altersüberprüfung minderjähriger Asylbewerber“. In Heidelberg gibt es derzeit gar keine reguläre Anschlussunterbringung, weil Heidelberg durch das Ankunftszentrum im PHV davon ausgenommen ist. Es gibt allerdings Einrichtungen, die zum Zwecke der Anschlussunterbringung eingerichtet wurden. Es spräche also überhaupt nichts dagegen, einige Asylsuchende in Heidelberg unterzubringen, zumal der Status des Asylberechtigten oder Geduldeten ja nichts Kriminelles ist. Das sieht die AfD aufgrund ideologischer Aspekte natürlich anders.

Soweit ich weiß, findet bei minderjährigen Asylsuchenden eine „reguläre Altersüberprüfung“ sowieso statt. Da müsste die AfD mal präzisieren, was sie unter „regulär“ denn eigentlich versteht. Ich ahne es, aber es steht halt nicht im Programm. Was die „reguläre Altersüberprüfung“ nun grundsätzlich mit der Kriminalitätsprävention zu tun hat, steht da übrigens auch nicht. Erstmal nämlich nix.

Dann fordert die AfD „Transparenz in der Benennung der Tätergruppen“. Da beißt sich jetzt die Katze in den Schwanz. Da die AfD, wie oben beschrieben, selbst ja ziemlich ungenau in der Bezeichnung VERMEINTLICHER Tätergruppen ist, was will sie denn unter diesem Punkt überhaupt genau wissen, das nicht eh bereits in der Kriminalstatistik erfasst wird?
https://ppmannheim.polizei-bw.de/wp-content/uploads/sites/8/2019/03/Handout-PKS-PPMA-2018.pdf
Man muss so ein Ding halt auch lesen und verstehen.

Was der vorletzte Punkt unter 3. mit der Kriminalitätsprävention zu tun haben könnte erschließt sich mir gar nicht. Hier fordert die AfD die Verlegung des Ankunftszentrums vom PHV in die Wolfsgärten, um den neuen Stadtteil im PHV ungehindert entwickeln zu können. Hat mit Kriminalität NULL zu tun.

Und der letzte Punkt? Man wolle, heißt es da, in den Wolfsgärten ein Ausreisezentrum (kein Ankunftszentrum). Ich gehe also mal davon aus, dass die AfD den Fokus der ganzen Sache um 180 Grad verändern möchte. Jetzt kommen im Ankunftszentrum Leute an, die die Hoffnung haben, in Deutschland Asyl zu erhalten. Dafür ist wahrscheinlich die überwiegende Anzahl der Menschen bereit, sich anzupassen, um aufgenommen zu werden und um sich möglichst schnell eine Existenz aufbauen zu können.
Bei einem Ausreisezentrum dürfte die Motivationslage zur Integration deutlich… sagen wir mal… gedämpfter ausfallen. Auch ein gewisses Maß an Frust könnte ich mir gut vorstellen und an Hoffnungslosigkeit. Alles Gefühlslagen, die jetzt nicht grade als optimale Voraussetzung für ein auskömmliches Miteinander sorgen. Die Wieblinger wird‘s freuen. 5. Neckarquerung auf der einen Seite, Lager mit Abzuschiebenden auf der anderen. Irgendwas muss die AfD gegen Wieblingen haben.

Aber wenn man die AfD fragen würde, würde einem wahrscheinlich geantwortet, dass das mit dem Abschiebezentrum… sorry, Ausreisezentrum, gar nicht schlümm sei, denn man fordert ja auch „Residenzpflicht“. Hier vermute ich mal, dass sich bei der AfD wieder einer semantisch zu verkünsteln versucht hat. Er will was anderes ausdrücken, als da steht. Residenzpflicht ist nicht die Pflicht im „Ausreisezentrum“ zu bleiben. Nur damit da keine falschen Vorstellungen aufkommen. Die Residenzpflicht regelt für Asylsuchende und Geduldete nur, „wie groß ihr Aufenthaltsbereich ist“ und das „ist in den Bundesländern unterschiedlich geregelt. Der Aufenthaltsbereich kann auf den Bezirk, den Kreis oder das Bundesland beschränkt sein, in dem der Asylbewerber wohnen muss.“ Bewegungsfreiheit innerhalb Heidelbergs dürfte also in jedem Fall gewährleistet bleiben.
Wenn sich die AfD eine Unterbringung nach Art eines Gefängnisses vorstellt, dann müsste sie das auch so reinschreiben. Das, was da steht, ist nichts anderes als der ohnehin geltende Status Quo.

So. Und jetzt? Habt Ihr den Eindruck, dass die AfD Heidelberg programmatisch irgendwas Neues und Entscheidendes für die Sicherheitslage in Heidelberg leisten könnte? Ich nicht.

PS: Übrigens – um es nochmal deutlich zu sagen – können sich alle, die Opfer von Kriminalität durch minderpigmentierte Täter werden (kommt ja zu einem großen Prozentsatz vor), ein Interesse daran seitens der AfD in die Haare schmieren.

 

  1. Keine Windindustrie-Anlagen in Heidelberg

Damit ist im Großen und Ganzen auch schon alles gesagt. Es gibt nämlich keine. Was es gibt, das sind zwei ausgewiesene Flächen auf denen Investoren solche Anlagen überhaupt nur bauen KÖNNTEN. Die AfD Heidelberg schreibt, dort seien welche geplant. Das wäre mir jetzt neu.
Es geht, um das zu präzisieren, nicht um tatsächlich in Planung befindliche Anlagen sondern um Flächen, auf denen das überhaupt möglich wäre, FALLS jemand sowas tun wollen würde.
Nun sagt die AfD Heidelberg und ihre Freunde von der Windkraftgegner-Lobby, das sei eh Unfug, da solche Anlagen hinzustellen, weil es nicht genug Wind gibt, um die Dinger wirtschaftlich zu betreiben.
Wenn sie damit recht haben, erkenne ich das Problem nicht. Ein Investor wird sich sicherlich genau anschauen, wo er sein Geld in Beton gießt und wenn dort die notwendige Rendite nicht rausspringt, wird er nichts bauen. Fall geritzt.

  1. Schuldenberg abbauen statt erhöhen

Ein weiteres Rätsel gibt Punkt 5 des Kurzprogramms auf. Dort geht es um die kommunalen Finanzen. Der hohe Schuldenzuwachs wird moniert und es wird gefordert, den Schuldenberg abzubauen statt zu erhöhen.
Nun könnte man sagen: „Wer keine Änderungsvorschläge zum Haushalt hatte – wie die AfD – der soll schön die Klappe halten, wenn’s um den Haushalt geht.“
Doch das würde dem Programmpunkt in seiner manipulativen Blödheit nicht gerecht.
Ihr erinnert Euch doch noch an die Forderung der AfD, die Grundsteuer abzuschaffen, oder? Im Kurzprogramm nun erscheint die wieder, aber in abgemilderter Form. Sie soll GESENKT werden (unter Punkt 2) und – gemeinsam mit der Gewerbesteuer – NICHT ERHÖHT werden (unter Punkt 6). Konsistenz ist ja bekanntermaßen nicht so das Ding der AfD. Etwas zu SENKEN ist was anderes als es NICHT ZU ERHÖHEN. Aber sei‘s drum, ist eh wumpe, denn der richtige KNALLER kommt ja erst, wenn man bedenkt, dass die AfD unter Punkt 6 auch fordert, dass die Stadt mit den ihr zur Verfügung stehenden Mitteln ohne weitere Steuererhöhungen auskommen müsse und GLEICHZEITIG einen der wichtigsten Einnahmeposten, nämlich die Grundsteuer, SENKEN bzw. eigentlich ja ganz ABSCHAFFEN möchte.
Ich hänge Euch hier mal ein PDF der Stadt Heidelberg an, in dem der Haushalt 2019/2020 erläutert wird: https://www.heidelberg.de/site/Heidelberg_ROOT/get/documents_E-1815526790/heidelberg/Objektdatenbank/20/PDF/20_pdf_181008_Haushaltsplanentwurf_2019_2020_Web.pdf
Da könnt ihr nachlesen, welche Einnahmen die Stadt hat und noch vieles mehr.
Aber kommen wir nun zu den Unterpunkten von 5. und fragen uns, was wohl die „Ideologieprojekte“ sein mögen, für die die AfD fordert, es solle keine weiteren mehr geben. Man kann es sich denken, aber das oben angehängte PDF bietet auch da interessante Einblicke. Die Aufwände für Maßnahmen des IZ zum Beispiel, dürften bei der AfD unter “Ideologieprojekt“ fallen. Ihr könnt gern mal schauen, ob das so überflüssiges Zeug ist, wie es die schnoddrige Wortwahl suggeriert (Seite 15/16).
Vollständig ominös wird es aber in den letzten zwei Punkten.
“Der Stimmenkauf durch Gelder an Kleinstgruppen muss aufhören,“ steht da.
Aber es fehlt leider die Angabe, welche „Kleinstgruppen“ gemeint sein könnten. Hier darf man wieder gespannt auf die Langversion sein, in der das hoffentlich erläutert wird. Die einzige “Kleinstgruppe“ deren Stimmen erkauft worden sein könnten, die mir jetzt einfällt, das ist die DEHOGA. Also die Heidelberger Hoteliers und Gaststättenbetreiber. Damals, als die Frage der Einführung einer Tourismusabgabe in Heidelberg diskutiert wurde. Diese Abgabe wollten die Hoteliers nicht leisten und haben deshalb der Stadt einen Betrag von 300.000 Euro zugesagt, wenn sie nicht kommt. Die Bettensteuer, die jährlich Mehreinnahmen von 1,2 Millionen Euro bringen sollte. Sie kam nicht. Dafür gab es die einmalige Zahlung der 300.000 und eine Erhöhung der Ticketpreise für Bergbahn und Schloss und so eine komische Tinnef-Münze als Erinnerungsstück an Heidelberg. Die AfD war seinerzeit übrigens GEGEN die Tourismusabgabe und FÜR die Lösung, wie sie Stadt und DEHOGA dann umsetzten.
https://www.ahgz.de/news/bettensteuer-heidelberger-hoteliers-wollen-abgabe-verhindern,200012243226.html
… Nuja.
Der letzte Punkt ist auch mir dann komplett schleierhaft.
„Schattenhaushalte müssen transparent gemacht und reduziert werden.“
Keine Ahnung, was das für „Schattenhaushalte“ sein sollen. Liegt ja in der Natur der Sache, dass man das nicht weiß, dafür sind sie ja gemacht worden. Nur: Wenn man sowas in ein Wahlprogramm schreibt, dann muss man wissen, wovon man redet, denke ich. Da bin ich nun mal WIRKLICH auf die sagenhaften Enthüllungen der Langfassung gespannt. (Anm.: Inzwischen liegt die Langfassung vor. Da schwadroniert die AfD von Schattenhaushalten in Baden-Württemberg im Allgemeinen, aber dann stellt sich raus, dass sie von den Haushalten kommunaler Unternehmen spricht. Das sind nur gar keine „Schattenhaushalte“ sondern die Haushalte kommunaler Unternehmen, so wie sie auch jedes andere Unternehmen hat. Wie da „Licht reingebracht“ werden soll, bzw. warum das für die AfD notwendig erscheint… man weiß es nicht und das Programm verrät es auch nicht).

Eines dürfte jedenfalls schon jetzt klar sein: Nachhaltig ist am Programm der AfD mal gar nichts.

  1. Keine Steuererhöhungen

Keine Steuererhöhungen will die AfD in ihrem Programm durchsetzen.
Da wird wohl kaum einer was dagegen haben. Niemand hat Bock auf Steuererhöhungen. Die Stadt soll mit den Mitteln, die ihr zur Verfügung stehen, auskommen, sagt die AfD.

Tatsächlich will die AfD aber dann gleichzeitig real Steuern senken und abschaffen. Wenn ich also einerseits fordere, dass keine Steuern erhöht werden sollen und die Stadt mit den zur Verfügung stehenden Mitteln auskommen soll, andererseits Grund- und Grunderwerbsteuer aber senken möchte und damit die Mittel der Stadt reduziere, dann passt das alles nicht zusammen. Jahahaaaa, könnte man da einwenden, dann muss man halt an anderer Stelle sparen und dann geht das schon.
So denkt die AfD auch. Steht an einigen Stellen im Programm. Am Theater soll gespart werden, an der Kultur im Allgemeinen und natürlich an allem, was irgendwie mit Integration zu tun hat. Da käme ein ganz hübsches Sümmchen von ein paar Millionen zusammen. Aber würde das reichen? Würde damit der Ausfall an Steuereinnahmen ausgeglichen werden können? Ich hab es nicht genau nachgerechnet, nur grob überschlagen, aber das reicht schon. Vermutlich nicht. Die AfD befürwortet ALLE Großprojekte, die derzeit von der Stadt durchgeführt werden. Das heißt, dass sie FÜR alle riesigen Ausgabenposten (Großsporthalle usw.) gestimmt hat, die derzeit den Haushalt belasten, über den sie sich jetzt so dramatisch beschwert.
Und das ist noch nicht alles: ZUSÄTZLICH FORDERT die AfD in Ihrem eigenen Programm die 5. Neckarquerung und zwar JETZT. Das heißt: SOFORT. Dazu eine völlig neue Straßenbahnlinie zwischen Neuenheimer Feld und PHV.
Ich glaube, man muss kein Genie sein, um festzustellen, dass sowas wohl kaum zu reduzierten Haushaltsausgaben beitragen würde. Wie sich die AfD die Finanzierung ihrer ganzen Ideen realistisch vorstellt, erklärt sie natürlich nirgends, sondern verlässt sich drauf, dass die Triggerwords ausreichen, damit keiner intensiver nachfragt.

So und jetzt noch ein Wort zur „Abschaffung der Luftraumsteuer“, mit dem die AfD den Handel in der Innenstadt entlasten will.
Es geht dabei um die Sondernutzungsgebühren, die Geschäftsleute für Reklame oder z. B. Markisen, aber auch Außenbestuhlung bezahlen, die über einen bestimmten, recht engen Bereich nahe am Gebäude hinaus in den öffentlichen Raum hinein reichen.
Kann man sich natürlich nun denken: Abzocke von so Pfennigfuchsern in Heidelberg! Das ist aber eine allgemein übliche Gebühr, die von nahezu allen Städten erhoben wird. Es ist also keine exotische Grille der Stadt Heidelberg.

Dass sich der Handel da mehr freie Hand und vor allen Dingen weniger Kosten wünscht, das ist verständlich, gerade bei den wahnsinnigen Mieten, die Geschäftsleute in der Heidelberger Altstadt für Ladenflächen berappen müssen (die zahlen sie aber nicht an die Stadt, sondern an ihre jeweiligen Vermieter).
Wenn man die Geschäftswelt also gebührenseitig entlasten möchte, ist das eine durchaus nachvollziehbare Forderung. Ob sie sich durchsetzen lässt… muss die AfD halt schauen. Wenn sie Mehrheiten dafür findet, warum nicht. Schmälert aber dann auch wieder das Budget der Stadt, von dem die AfD sagt, dass sie damit zurecht kommen müsse. Da ist es wieder, das alte Problem der AfD mit der Konsistenz…

  1. Mehr Parkflächen schaffen

(sek) In Heidelberg fehlen laut AfD also Parkplätze, insbesondere für Anwohner.
Vorneweg: In der Überschrift fordern sie mehr Parkfläche, aber keiner der Unterpunkte würde dies erreichen.
Schauen wir uns die glorreichen Ideen der AfD mal genauer an:

1. Es sollen bei Neubauten ausreichende Stellplätze geplant werden. In der Tat, eine gute Idee. Deshalb steht sie auch schon lange in der Stellplatzverordnung für Heidelberg. Dinge zu fordern, die es schon gibt, bleibt eine Niebelsche Spezialität…
https://www.heidelberg.de/hd/-/Lebenslagen/;leb5000545

2. Es sollen keine Parkplätze wegfallen, wenn Straßen saniert werden. Dieser Punkt ergibt erst mal überhaupt keinen Sinn. Sollen keine Stellplätze wegfallen, NACHDEM die Straße saniert wurde oder sollen während der Bauarbeiten keine Stellplätze wegfallen und wenn ja: Wie denn? Soll, so lange gebaut wird, schnell mal ein provisorisches Parkhaus in den Boden geschaufelt werden? Häuser versetzt werden für Parkflächen? Falls sich die AfD hierauf bezieht: dass in der Heidelberger Altstadt gerade ein paar Anwohnerparkplätze weggefallen sind, hat eben einen verdammt guten Grund: Man könnte da jetzt lange ausholen und auch erwähnen, dass die Stadt hier Fußgängerbereiche ausweist, die den entsprechenden Vorschriften nicht genügen, sodass es noch „Gehwege“ und „Fahrbahnen“ gibt, die es nicht geben dürfte. Da die Stadt offensichtlich keine Lust hat, dieses Problem mal großflächig anzugehen, haben sie wenigstens beschlossen, durch den Wegfall einiger Parkplätze dafür zu sorgen, dass die Autos nicht mehr auf beiden Seiten auf dem „Gehweg“ stehen und die Fußgänger etc. nur noch auf der „Fahrbahn“ vorwärts kommen.

3. Die Parkgebühren sollen nicht erhöht werden. Jo, der easy peasy Wählerfang-Punkt, bloß keine Verschlechterung für das goldene Kalb auf vier Rädern. Wie viele Parkplätze entstehen doch gleich, wenn die Parkgebühren nicht teurer werden? Richtig: Keine. Das passt aber prima zu

4. Dass keine Poller die Altstadt Zu- und Abfahrten schützen sollen.
So, liebe AfD. Ihr wollt die Parksituation für Anwohner verbessern, lehnt aber das einzige Mittel ab, das dazu in der Lage ist. Logik ist selten die Eure, aber so ein dämlicher Selbstwiderspruch, come on!
Warum ist die Parksituation für Anwohner in manchen Gebieten so grottig? Weil da dauernd Leute parken, die da nicht parken dürfen. Die hätten da gar nicht erst hinfahren dürfen, sie tun’s aber trotzdem. Leute, die jetzt schon zu faul sind in ein Parkhaus zu fahren und ein paar wenige Meter zu laufen. Da alle anderen Maßnahmen bis dato rein gar nichts an der Situtation geändert haben, bleibt das letzte Mittel, diesen Leuten die sowieso schon verbotene Zufahrt durch Poller unmöglich zu machen. Traurig, aber die wachsende „Me first“-Mentalität, übrigens Grundbaustein der AfDschen Politik, wird wohl zu mehr und und nicht weniger Verboten führen.

Ganz allgemein will die AfD es beim Verkehr allen potentiellen Wählergruppen recht machen. Wird schon keiner merken, dass Platz nur EINMAL zur Verfügung steht und eine neue Straßenbahntrasse und mehr Parkplätze und mehr Radwege und mehr Brücken und mehr Platz für die neuen E-Spielzeuge und mehr Platz für Fußgänger NICHT GEHT.

  1. Linksextremismus konsequent bekämpfen

Diesen Punkt im Kurzprogramm der AfD Heidelberg zur Kommunalwahl finde ich persönlich besonders putzig.
Grade letzte Woche versuchte in Mannheim ein armseliges Grüppchen von 11 – in Worten ELF – Gestalten rund um Reimond Hoffmann (Mitarbeiter der Landtagsfraktion der AfD in BaWü, Marschierer in Kandel, JA-Sugar-Daddy, Burschenschaftsfan und immer wieder bei der Normannia in Heidelberg zu Gast) eine Veranstaltung der Grünen zu stören. Von der doch recht übersichtlichen Truppe, die er dazu auf die Beine brachte, sind wohl so um die 5 keine AfD/JA-Angehörigen gewesen, sondern NPD oder rechte Hools aus der Szene von Waldhof Mannheim oder irgendwelches andere Gesocks der rechtsextremen Szene. Die hat der Veranstalter Hoffmann angeblich nicht erkannt, er hat sie nicht weggeschickt und es kam, wie es kommen musste. Ein NPD-Knilch konnte den Arm nicht still halten. Das führte zu einem Bild, in dem der Knabe mit gerecktem Grußarm und Fahne zu sehen ist und davor steht der Hoffmann mit seinem Megafon und quatscht Operetten. https://www.morgenweb.de/mannheimer-morgen_artikel,-mannheim-demonstrant-soll-den-hitlergruss-gezeigt-haben-_arid,1442667.html

In Heidelberg kandidieren für die AfD zur Kommunalwahl Personen, die in der JA waren, bis ihnen der Boden wegen der Beobachtung durch den Verfassungsschutz zu heiß wurde und sie in die AfD wechselten, ein Herr Geschinski, der sich über die Entfernung von Kränzen der IB auf dem Ehrenfriedhof aufregte, Typen, die bei rechtsextremen Verlagen ihre „literarischen“ Elaborate veröffentlichen, die dann indiziert wurden und der Chief der ganzen Blase ist, ein Herr Kaufmann, der in Chemnitz mit seiner Partei den Schulterschluss mit gewaltorientierten Rechtsextremen zelebrierte und inzwischen regelmäßig durch verstörende Verteidigungsreden auf den Rechtsextrimismus in den SocMed auffällt.

Diese Truppe schreibt sich nun ins Programm, man wolle „Linksextremismus“ bekämpfen.

Wo sie den sehen? Keine Ahnung. Die AfD konstatiert im Einführungstext zu diesem Programmpunkt, dass alles jenseits der AfD in Heidelberg links und linksradikal sei. Das beschreibt indirekt genau, wo die AfD politisch steht.
Die Herren der CDU, deren Freunde im RCDS, die FDP… Links? Echt jetzt?

Man kann an der Kommunalpolitik in Heidelberg eine Menge kritisieren. Allem voran das langwierige Geeier um viele Themen. Das entstammt nun aber häufig einer Kultur, in der viele Bürger oder Bürgergruppen sich einbringen und mit anderen um Lösungen ringen. Am Ende – so man mal zu einem kommt – sind natürlich noch immer nicht alle zufrieden und es gibt auch immer welche, denen erst, wenn alles vorbei ist, einfällt, was sie alles besser gewusst und gemacht hätten, wenn man sie nur gefragt hätte.
Besonders links oder linksradikal ist daran nichts und linksextrem schon gar nicht.

Was die AfD hier praktiziert ist nichts anderes als Framing.

Man wolle „WIEDER bürgerliche Mehrheiten im Gemeinderat“. Im Gemeinderat sitzen derzeit also keine Parteien, die bürgerliche Belange vertreten? Ich meine doch. Da sitzen Konservative und Liberale, die „Traditionen und Werte“ schützen wollen und der Geschäftswelt möglichst wenig Steine in den Weg legen und natürlich sitzen dort auch diejenigen von Bürgern gewählten BÜRGERvertreter, die sich für Toleranz, für fortschrittliche Umweltpolitik, Minderheiten und Vieles andere einsetzen.

Der gesamte Gemeinderat bildet das politische Spektrum der Bürger in Heidelberg ab. Dazu wurden die Gemeinderäte von den Bürgern gewählt. ALLE. Einschließlich der zwei AfD-Räte.

Dass Letztere in der vergangenen Amtsperiode rein gar nichts auf die Beine bekommen haben, ist nicht der Heidelberger Stadtgesellschaft im Ganzen anzulasten, sondern höchstens der persönlichen Inkompetenz und Unlust an echter kommunalpolitischer Arbeit dieser beiden Vertreter. Das müssen die ihren Wählern erklären und die müssen sich überlegen, ob sie sowas weiter unterstützen wollen oder ob sie es mit anderem Personal versuchen möchten (ich wage allerdings die Prognose, dass das auch nicht besser läuft).

Dann kommt mein ganz persönlicher Lieblings-Bullshit-Programmpunkt:
„Keine Bürgerplakette für Linksextremisten“. Ich führ‘ das gar nicht weiter aus, weil es einfach kompletter Humbug ist, denn der Heidelberger Gemeinderat wird an Extremisten gleich welcher Couleur keine Bürgerplaketten oder andere Auszeichnungen verleihen. Dafür sorgt eine ausgewogene Mischung unterschiedlicher politischer Meinungen, die im Rat vertreten sind.

Anstatt KEINE Plaketten verleihen zu wollen, um damit ehrenamtliches Engagement auszuzeichnen, könnte die AfD ja mal versuchen selbst Bürger zu finden, deren Auszeichnung sie unterstützt. Hat sie bisher nicht gemacht. Warum nicht? Weil die AfD das ehrenamtliche Engagement nicht wertschätzt? Weil sie keine Bürger kennt, von denen sie den Rat überzeugen zu können meint? Es steht der AfD frei, eigene Vorschläge einzubringen und für ihre Vorschläge zu werben. Im fairen, demokratischen Wettbewerb. Das wäre aber natürlich deutlich schwieriger, als einfach nur depperte Parolen rauszuhauen.

Dem sinnfreien Punkt zur Bürgerplakette folgt ein Punkt, bei dem sich die Logik vollends verabschiedet. Man wolle „echte Meinungsfreiheit und politische Neutralität von Amtsträgern“.
Ja was denn nun? Sollen die Amtsträger frei ihre Meinung sagen oder sollen sie das nicht machen, weil sie die Neutralität wahren sollen? Entscheidet Euch, AfD! Und macht das bitte BEVOR ihr solchen lächerlichen Quatsch in ein Programm druckt.

Das Fiasko schließt mit der Forderung, es solle „kein Autonomes Zentrum, also keine Schaltstelle der militanten linksextremen Szene in Heidelberg“ geben.
Da könnte man nun vermuten, dass sowas angedacht, geplant oder sogar bereits in der Umsetzung sei.
Ist es aber nicht. 1999 schloss ein “Autonomes Zentrum“ in Heidelberg (wie militant es da zugegangen ist oder nicht, weiß ich nicht) und soweit ich das recherchieren konnte, sind die letzten Versuche wieder ein autonomes Zentrum zu eröffnen aus dem Jahr 2006. Vielleicht bin ich da nicht ganz up-to-date. Ihr dürft mich gern korrigieren. Für mich sieht dieser Punkt aber schwer so aus, als mache die AfD Heidelberg hier den ernsthaften Versuch mit der Politik von vor 20 Jahren heute noch einen Stich zu landen.

Insgesamt kommt mir dieser Programmpunkt so vor, als habe man ihn nur deshalb reingeschrieben, um mal „Linksextremismus“ sagen zu können, damit die auf Trigger-Words geeichte Fanbase zufrieden ist. Sinn ergibt das Ganze jedenfalls nicht.

  1. Islamismus in Heidelberg stoppen

Die AfD Heidelberg schreibt im Einleitungstext zu diesem Punkt, es solle ein salafistisches Ausbildungszentrum errichtet werden. Das ist nicht so ganz das, was über dieses Projekt – dessen Realisierung übrigens nach wie vor bis auf unbestimmte Zeit gar nicht stattfindet – bekannt ist.

Tatsächlich will ein muslimischer Verein auf dem Gelände im Pfaffengrund, auf dem es bereits eine Moschee gibt, einen Neubau mit Veranstaltungs- und einigen Übernachtungsmöglichkeiten und einer Wohnung für den Imam errichten. Warum und weshalb es die Übernachtungsmöglichkeiten geben und welche Veranstaltungen dort stattfinden sollen, das ist – soweit ich weiß – nicht bekannt. Müsste man mal fragen, vielleicht sagt es einem der Verein ja. Da in dieser Moschee wohl auch häufig Angehörige von Patienten des Uniklinikums beten, könnte ich mir z. B. sogar vorstellen, dass solche Übernachtungsmöglichkeiten vielleicht von den Leuten genutzt werden können? Egal, erstmal: „Salafistisches Ausbildungszentrum“ steht nur von Seiten der AfD im Raum und das kommt daher, dass der Eigentümer des Grundstücks wohl sowas in den Niederlanden gebaut hat. Dass so eine Historie natürlich Fragen aufwirft, ist verständlich. Dass man dagegen Bedenken haben würde auch. Aber tatsächlich ist in der Angelegenheit nichts geklärt und es wird bisher und bis auf Weiteres auch nichts gebaut. Da verhindert die AfD gar nichts. Der Prozess wurde und wird auch weiterhin von der Stadt gesteuert und man wird sehen, was sich in dieser Angelegenheit entwickelt.
https://www.rnz.de/nachrichten/heidelberg_artikel,-Heidelberg-Moschee-im-Pfaffengrund-Verhindert-die-Stadt-Heidelberg-den-Neubau-_arid,270200.html

Man verstehe mich nicht falsch: Ich mag reaktionäre Religion nicht. Weder christliche noch muslimische noch irgendeine andere. ABER: Wir HABEN eine grundgesetzlich garantierte Religionsfreiheit und die schließt auch rückwärtsgewandte, unmoderne und nachgerade irre Glaubensüberzeugungen ein. In Rohrbach steht zum Beispiel eine „Freie christliche Gemeinde“, die einen Kindergarten und eine Hauptschule betreibt, in der man die Kids auf ziemlich schräges, alttestamentarisches Zeug trimmt und ihnen neben dem vorgeschriebenen Lehrstoff zur Evolution halt auch die „Alternative“ des Kreationismus nahebringt. Ein gewisser Malte Kaufmann gehört samt Familie zu dieser seltsamen Glaubenstruppe und ist auch noch mit dem „Missionar“ verwandt, der dort predigt. Jaha! Missionar! Denn diese „Christen“ sind der Ansicht, dass es bei uns gar kein richtiges Christentum gibt. Evangelisch und Katholisch sind für diese Leute Larifari. Kann man jetzt auch die Stirn runzeln und sich wundern.
Wie gesagt: Reaktionär, rückwärtsgewandt und irre sind – solange es nicht irgendwie kriminell wird – glaubenstechnisch keine Ausschlusskriterien. Und was für Evangelikale gilt, das gilt – gleiches Recht für alle – auch für Muslime.

Die von der AfD behauptete „Unterstützung“ durch die Grünen ist meiner Kenntnis nach nichts weiter, als genau der Hinweis darauf, dass der grundgesetzlich festgeschriebene Grundsatz der Religionsfreiheit auch im Falle der Moschee im Pfaffengrund zu berücksichtigen ist. Man kann sich fragen, wie es um die Verfassungstreue einer Partei steht, die einem politischen Konkurrenten daraus einen Vorwurf macht.

Die ersten beiden Unterpunkte unter 9. verstehen sich aus dem Kontext der ideologischen Weltsicht der AfD also eh von selbst. Sie lehnen diese Moschee oder was immer es sonst noch sein soll ab und sie lehnen auch andere Moscheen ab. Dazu braucht man nichts weiter sagen.

Auf den dritten Unterpunkt würde ich allerdings gern doch etwas genauer eingehen. Da steht „es darf an unseren Schulen keine religiös begründeten Sonderrechte geben“.
Hmmm…
Fragen wir uns doch zuerst mal, was mit „unseren Schulen“ gemeint sein könnte.
Handelt es sich nur um staatliche Schulen oder auch um solche in privater Trägerschaft? Mir scheint, dass dieses „unsere“ ALLE Schulformen einschließt.
Und da möchte ich gerne nochmal auf die oben schon erwähnten Bildungseinrichtungen der „Freien christlichen Gemeinde Heidelberg“ zurückkommen. Schon die Aufnahme in diese Einrichtungen bedarf einer bestimmten religiösen Überzeugung der Eltern und die dort vermittelte Bildung – so steht es auch ganz offiziell auf der Website der Gemeinde – ist auf die Vermittlung spezifischer religiöser Inhalte ausgerichtet. Dazu werden spezielle als geeignet empfundene Lehrmittel eingesetzt und der vorgeschriebene Lehrstoff wird um religiös begründete Inhalte erweitert. Die gesamte EXISTENZ dieser Bildungseinrichtungen ist eine religiös begründete Sonderform der normalen Beschulung.
https://www.fcg-heidelberg.de/freie-christliche-schule

Ist der AfD im religiös motivierten Wahn bei der Programmkonzeption wohl entgangen.

Nuja, dass „Islamismus“ als Trigger im Programm vorkommen musste, ist natürlich klar. Tatsächlich geht es aber gar nicht um Islamismus sondern um die Ablehnung muslimischer Menschen und um die Ablehnung der grundgesetzlich garantierten Religionsfreiheit für bestimmte, als nicht deutsch empfundene Glaubensbekenntnisse.

  1. Mehr Hunde-Freilaufflächen

Wer sich öfter Profile von AfD-Anhängern anschaut, der weiß, warum dieser Punkt im Programm steht.
Oft sind es extreme Hundeliebhaber, die sich hingebungsvoll um Tiere z.B. in Rumänien sorgen. An sich ein schöner Zug und zu unterstützen. Nur dass halt leider die Liebe zum Hund bei jenen oftmals mit einer äußerst menschenverachtenden Haltung einher geht, so dass man sich fragt, ob es nicht eher ein psychologischer Kanalisierungsprozess ist, der da stattfindet, als echte Tierliebe. Wer Menschen ersaufen lassen will, der hat halt kein reines Gewissen dabei, und der Schutz des besten Freundes des Menschen ist da vielleicht das notwendige Seelenkorrektiv.

Aber wenden wir uns dem Konkreten des Kurzprogramms zu. Es gibt in Heidelberg nur zwei Hundewiesen, sagt die AfD und dass das zu wenig sei. Jo. Kann sein. Nichts dagegen einzuwenden.
Deshalb wolle man die Neckarwiese von 6 bis 8 Uhr zur Hundefreilaufzone machen… da wird‘s schon etwas schwieriger.
Es lassen viele Leute ihre Hunde eh schon frei auf den Neckarwiesen laufen, ob das nun offiziell ist oder nicht. Das wiederum stört diejenigen, die Hunden nicht so gern ohne Leine begegnen. Radfahrer, Spaziergänger, Jogger, Menschen mit Kindern und die Kinder selbst. Nicht jeder findet Hunde knuddelig und süß und nicht jeder Hund IST knuddelig und süß. Außerdem ist es ja durchaus keine Seltenheit, dass Hunde von der Autorität des Besitzers in Fragen des Gehorsams nicht soooo viel halten. An der Leine beschränkt sich die Insubordination dann immerhin auf einen kleineren Radius.
Dass die AfD Heidelberg mit dem Freilauf auch den Gänsen am Neckar die Wohlfühloase vergraulen will… ja, das hätten sie gern, es würde aber eh nichts bringen. Die Gänse ließen sich von so einer Maßnahme wohl kaum beeindrucken. Was das angeht, ist die Stadt Heidelberg mit ihrem Schwachsinnsvorschlag unabhängig von der AfD ins Fettnäpfchen gesprungen. (Anm.: Die Stadt hat das inzwischen auch gemerkt und es bleibt bei der Leinenpflicht.)

Dass die AfD ein Hunde-Freilaufprojekt auf der Fläche des Airfields unterstützt… meinetwegen. Auch wenn es der Unterstützung durch die AfD wohl nicht wirklich bedarf, um sowas zu realisieren.

Schlussendlich wollen sie dann noch mehr städtische Förderung für Tierschutzprojekte. Jetzt darf man vermuten, dass das wohl nicht ALLE Tierschutzprojekte betrifft, aber da werden sie hoffentlich in der Langversion etwas genauer. Denn: Tierschutz ist jetzt generell eher so ein grünes Ding und dass die AfD grüne Projekte fördern möchte… schwer vorstellbar. Es müsste also erstmal geklärt werden, welcher Art der zu fördernde Tierschutz denn eigentlich sein soll. (Anm.: Ne, so richtig genau werden sie nicht. Das Tierheim soll unterstützt werden – was eine Selbstverständlichkeit sein dürfte, und „Projekte wie Straßenkatzen e.V.“ außerdem der Zoo). Hunde mögen sie, das weiß man. Vögel finden sie auch gut als Argumentationshilfe gegen Windkraftanlagen, auf Neckarwiesen mögen sie Vögel jetzt wiederum nicht so gern und würden sie gern als Hundespielzeug einsetzen. Insekten sind bei Windkraftanlagen auch supi, allerdings ist der AfD das Vogel- und Insektensterben wiederum ziemlich wumpe, wenn’s z. B. um Autobahnen geht. Jedenfalls hab ich bei den Diskussionen um Diesel und Tempolimit noch nie gehört oder gelesen, dass es bei der AfD irgendwie ums Tierwohl gegangen wäre.
Das Naturschutzgebiet in Wieblingen wäre der AfD tendenziell auch Wurst, wenn es um die 5. Neckarquerung geht. Wölfe wollen sie zwar gern sein, aber haben wollen sie die nicht in heimischen Wäldern (abgesehen davon, dass es in unserer Gegend wohl auch noch keine gibt, aber Windräder gibt‘s ja auch keine und da sind sie schon dagegen). Das Waidwerk ist in AfD-Kreisen ein beliebter Freizeitvertreib und auch wenn die Bestandspflege des heimischen Wildes als eine Art Naturschutz gelten kann, so ist es doch nicht wirklich „Tierschutz“. Was die AfD von z. B. Bibern hält oder von Kaninchen, Hasen, Füchsen, Schlangen, Eidechsen, Kröten und anderem, was so kreucht und fleucht… ich weiß es nicht.

Kurz gesagt: Keine Ahnung, was die AfD unter Tierschutz versteht.

Und damit enden unsere Betrachtungen des AfD Kurzprogramms mit seinen teils recht rätselhaften 10 Punkten. In der Langfassung steht naturgemäß etwas mehr, entscheidend zur Aufklärung trägt aber auch das nicht bei. Wer nachlesen möchte: https://alternative-heidelberg.de/wp-content/uploads/2019/04/Brosch%C3%BCre-190429-Homepage.pdf

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