Keine Zeit für Details – AfDeus lo vult!
Willkommen zum dritten Teil unserer kleinen Serie zu dem, was Andreas Kalbitz von der AfD so sagt, wenn man ihn lässt. Heidelberg lässt ihn am Freitag in der Stadtbibliothek.
Alles, worüber wir in diesen Beiträgen schreiben, stammt aus Reden von Andreas Kalbitz.
Wir haben Euch von vielen Details erzählt. Von einem Text z. B., den Kalbitz häufiger zititert. Er stammt von Götz Kubitschek, heißt „Selbstverständlichkeiten als Minimalprogramm“ und es geht darin unter anderem um eine Katze und eine Taube. Natürlich nur als Rahmenprogramm. Nichtsdestotrotz handelt es sich um eine der schlechtesten Naturbeobachtungen aller Zeiten und verdient schon allein deshalb etwas Aufmerksamkeit. Danach haben wir Euch vom Lebenslauf des Herrn Kalbitz berichtet und von seiner vermeintlichen Verehrung des humboldtschen Bildungsideals. Wir haben genau hingeschaut, was er sagt, wie er es sagt, was er wohl meint und was das Gesagte bedeutet. (Links zu beiden Texten unten).
Nach unserer Erfahrung sind es die Nebensächlichkeiten, die Kleinigkeiten und die Details, die bestimmen was ein mit grobem Strich entworfenes Panorama für einen Charakter erhält. Ob es eine Pastorale ist oder ein Schlachtengemälde (und ob es eines der heroischen Art ist, mit Männern in schicker Rüstung auf Hügeln oder eines mit Därmen, Blut und Knochen). Erst in den Feinheiten erkennt man, ob eine Geschichte gut ist oder nicht.
Bei Kalbitz geht’s – ganz im Sinne Kubitscheks – dagegen nie um Details. Im Gegenteil. Der ganze Zweck der Darbietung ist es, eben genau die zu vermeiden. Sagt der Kubitschek ja auch: „Und wer der AfD und ihrem metapolitischen Umfeld vorwirft, man lese von rechts ja nichts über die Details der Umsetzung in einer komplexen, modernen Gesellschaft, hat nicht begriffen, dass es nie um Details geht, wenn der Kopf auf die Treppenstufen knallt…“
Natürlich muss es eine Begründung geben wenn man nicht konkret werden möchte. Die beste Begründung dafür ist: Man hat dafür grad keine Zeit, weil es Wichtigeres gibt. Und was gibt es Wichtigeres als das Überleben? Genau!
Es muss also immer eine möglichst bedrohliche Bedrohung her, damit keiner mehr fragt. Bedrohung gibt’s in der AfD im Dutzend billiger. Alles ist immer bedroht und am Zusammenbrechen. Kalbitz erzählt daher gerne, dass draußen das Land brenne. Deshalb habe man – wie immer – keine Zeit. Klar.
Dann sagt er auch oft „Fundamentalopposition“ oder „fundamentaloppositionell“, denn wenn was fundamental ist, ist es klar und man muss auch keine Details dazu liefern. Logisch. Damit’s auch der Letzte rafft – man weiß ja nie, bzw. weiß Kalbitz vielmehr genau wer da im Publikum sitzt – sagt er es auch nochmal direkt: „Detaildiskussionen sind obsolet.“
Und wie dringlich alles ist, illustriert Kalbitz gerne mit der Feststellung: Während er hier (jeweiligen Veranstaltungsort einsetzen) rede, verwandle sich inzwischen das Ruhrgebiet in ein Kalifat. Das Land gehe verloren, unwiederbringlich! JETZT! IN DIESEM MOMENT! FÜR IMMER!
Aber natürlich kommen wir nun wieder – weil wir es einfach nicht lassen können – und würden an der Stelle gern ein paar Details einwerfen.
Erstmal zur Beruhigung: Wir haben nachgeschaut. Das Ruhrgebiet gibt’s noch. Nach wie vor. Es ist kein Kalifat geworden in den Tagen, in denen wir uns nun schon mit der kalbitzschen Politprosa beschäftigen und wir wagen die Prognose, dass es auch morgen, übermorgen usw. nicht passieren wird.
Allerdings ist das Ruhrgebiet im Rahmen der Auseinandersetzung mit der AfD trotzdem ganz interessant. Wenn man sich Zeit nimmt und Details mag.
Es geht dabei um die Thesen der AfD zur Energiepolitik.
Jetzt fragt ihr Euch verwundert:“Die haben Thesen zur Energiepolitik?“. Nein. Was sie haben sind Phrasen, wie überall sonst auch.
Die Energiepolitik der AfD erschöpft sich im Wesentlichen in der grundsätzlichen Ablehnung jeglicher Form von erneuerbaren Energien zur Stromerzeugung (Windräder hasst man im Besonderen), irrer Verherrlichung selbst ältester Kernkraftmeiler, einem unerschütterlichen Vertrauen in Putin als verlässlichem Gas- und Öllieferanten und der DEUTSCHEN BRAUNKOHLE.
Womit wir im Ruhrgebiet wären.
Würde die AfD tatsächlich die Macht bekommen von der sie träumt, wäre das Ruhrgebiet nämlich weg. Nicht weil es ein Kalifat wird. Nein, es wäre einfach weg. Abgegraben, ausgehöhlt und verfeuert. Andere Teile Deutschlands übrigens auch. Wie uns kürzlich MdL Dirk Spaniel (auch von der AfD, sitzt er im Landtag von Baden Württemberg) erläuterte, ist eine der Säulen des AfDschen Energiekonzeptes, den Braunkohleabbau in großem Umfang wiederzubeleben, um damit wenigstens teilweise eine gewisse Autonomie in der Energieerzeugung zu erreichen.
Is klar, oder? Windräder verschandeln die schöne deutsche Landschaft. Skandal! Braunkohle ist DIE Alternative. Dass dabei auch öfter mal ganze Dörfer mit ihren Kirchen weggesprengt werden … naja. Die Heimat, das Christliche, die Tradition ist der AfD bekanntermaßen ja nicht soooo wichtig…
Wir haben das natürlich angesprochen. Das mit der Landschaft und der Braunkohle und es hat nicht lange gedauert, da kam das schlagendste Argument gegen Windräder überhaupt: Die schreddern Vögel.
Das stimmt. Sie schreddern welche. Schätzungen zufolge zwischen 10.000 und 200.00 Vögel jährlich bei der derzeitigen Menge der Anlagen. Das sind tatsächlich erst mal viele Vögel. Man muss es deshalb in Relation setzen zu etwas anderem. Etwas, das für Deutschland von enormer Bedeutung ist. Sagen wir mal so was wie Glasscheiben. An Glasscheiben sterben laut BUND http://www.bund-rvso.de/windenergie-windraeder-voegel-fledermaeuse.html jährlich ca. 18 MILLIONEN Vögel. Auf Autobahnen ebenfalls Millionen. Dann gibt’s noch die Bahn und die Landwirtschaft/Insektensterben und natürlich auch Katzen usw. usf.. Als Vogel lebt man in Deutschland gefährlich und Windräder sind eines der kleineren Probleme, die man so hat. Im Ruhrgebiet und auch sonst überall.
Aber was soll das Rumgereite auf Details, schreit da die AfD. Hauptsache das Ruhrgebiet wird kein Kalifat! Wir haben keine Zeit!
Zur Machtergreifung braucht es Masse und die Masse soll marschieren und nicht denken. „Wir müssen das Land vom Kopf auf die Füße stellen“, sagt der Kalbitz auch gern. Jetzt wisst Ihr, was er damit eigentlich meint. Die Masse soll marschieren mit dem Versprechen auf ein besseres Jenseits. Das war schon immer so. Im Fall der AfD ist es ein Jenseits des Deutschlands, wie wir es kennen. Eines in dem die AfD regiert. Ihren braven Soldaten (der „Schildwache“ wie Kalbitz sie nennt, die den Kleingeist – also das Detaildenken – aus der AfD raushalten sollen) winkt derweil ein verschwommenes Paradies.
Die Details – die Öden des Tagebaus, die Mauern, die Repressalien wenn man nicht mitschwimmt im Parteikonsens, die Luftverschmutzung, die dreckigen Flüsse, die Arbeitslosigkeit weil Deutschland mit seiner neuen D-Mark und seinen ganzen Zöllen und Gedöns nicht konkurrenzfähig ist im internationalen Wettbewerb …– die würden sie noch früh genug erkennen. Dann haben die Führer ihre Schäfchen allerdings im Trockenen und schreiten heiter in desinvoltierter Attitüde durch die Lande, während der Rest hustet und die Vögel nicht mehr singen. Die neuen Fürsten. AfDeus lo vult!